Bundesverwaltungsgericht sorgt für Rechtssicherheit beim Vollzug des Elektrogesetzes

Mit Urteil des 7. Senats vom 15. April 2010 - BVerwG 7 C 9.09 - äußert sich das BVerwG nun erstmals zu mehreren Streitpunkten rund um den praktischen Vollzug des Elektrogesetzes durch die EAR im Bereich der Registrierung und des Umweltbundesamtes im Bereich der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach dem ElektroG.

So macht das Gericht lang erwartete Aussagen u. a. zum Registrierungsumfang, zur „Herstellerfiktion“, zum Garantienachweis und zur monatlichen Mengenmeldung.

In den Leitsätzen der Entscheidung des obersten Verwaltungsgerichts heißt es:

1. Die Registrierungspflicht nach § 6 Abs. 2 Satz 1 ElektroG wird für jeden Hersteller nicht nur einmal persönlich begründet, sondern ist marken- und geräteartbezogen und entsteht deshalb jeweils neu, wenn eine weitere Marke oder Geräteart in Verkehr gebracht wird.

2. Ein Vertreiber darf Geräte, die ein im Herstellerverzeichnis der Beklagten registrierter Produzent hergestellt und im Geltungsbereich des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes in Verkehr gebracht hat, nicht ohne eigene Registrierung bzw. Ergänzung der eigenen Registrierung zum Verkauf anbieten, wenn der Produzent nicht auch mit den Marken und/oder Gerätearten der angebotenen Geräte registriert ist und der Vertreiber diesen Umstand kennt oder schuldhaft nicht kennt.

3. Die marken- und geräteartbezogene Registrierungspflicht nach § 6 Abs. 2 ElektroG, das damit verbundene Vertriebsverbot nach § 6 Abs. 2 Satz 5 ElektroG und die entsprechende Herstellerfiktion nach § 3 Abs. 12 Satz 2 ElektroG begegnen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

4. Die Garantienachweise nach § 6 Abs. 3 ElektroG müssen nicht mit spezifischen Mengen- und Betragsangaben für jede einzelne Marke innerhalb einer Geräteart vorgelegt werden.

5. Die monatlichen Mengenmitteilungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 ElektroG müssen nicht nach Marken und darauf entfallende Gerätemengen aufgeschlüsselt werden.

Kommentar von Rechtsanwalt Schomaker:

Das Urteil des obersten deutschen Verwaltungsgerichtes glättet die Wogen rund um die Auslegungsfragen der vergangenen Zeit in diesem Bereich. Die Entscheidung gibt Rechtssicherheit und ist ein gutes Beispiel dafür, dass aus einer Gerichtsentscheidung durchaus alle Beteiligten profitieren können.

So bestätigt das Gericht die Praxis des EAR zur geräte- und markenbezogenen Registrierung (1. Leitsatz).

Mit seinen klaren Aussagen zur „Herstellerfiktion“ (2. Leitsatz) wird die Vollzugspraxis des Umweltbundesamtes ggü. Vertreibern im Zusammenhang mit Geräten und nicht registrierten Marken registrierter Hersteller als richtig bestätigt.

Auch den Herstellern gibt das Gericht in Bezug auf die Garantienachweise und monatlichen Mengenmeldungen Recht (4. und 5. Leitsatz) und dürfte damit zur Absenkung des zukünftigen Verwaltungsaufwands für alle Beteiligten beitragen.

Schließlich bestätigt das BVerwG die Verfassungsmäßigkeit der Registrierungspflicht, des Vertriebsverbotes und der „Herstellerfiktion“. Ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG (Berufsausübungsfreiheit) läge nicht vor.

Autor:

Rechtsanwalt Schomaker aus Werther bei Bielefeld berät und vertritt Mandanten in den Schwerpunktbereichen ElektroG, insbesondere bei Ordnungswidrigkeiten ggü. dem Umweltbundesamt, Wettbewerbsrecht und IT-Recht

Kontakt: Tel.: 05203-977 89 63, Website: www.recht-und-vertrag.de bedeutet dieses Urteil für die einzelnen Bereiche des ElektroG-Vollzuges?

Was

a) Bei der Registrierung bleibt alles wie bisher. Bei jeder Registrierung eines Herstellers müssen mindestens eine bestimmte Marke und eine bestimmte Geräteart angegeben werden. Wenn sich insofern etwas ändert, bedarf es einer Ergänzung der Registrierung.

b) Der Nachweis einer insolvenzsicheren Garantie für die Rücknahme und die Entsorgung von Geräten, die in privaten Haushalten genutzt werden können, wird demnächst etwas einfacher. Die Beträge der Garantienachweise müssen nur noch nach Gerätearten und nicht mehr auch noch nach Marken aufgeschlüsselt sein. Die Stiftung EAR hat angekündigt, innerhalb von etwa drei Monaten die notwendigen Änderungen in ihrem EDV-System abzuschließen; bis dahin gilt übergangsweise die bisherige Praxis (EUWID Re Nr. 20 v. 18.5.2010, S. 6).

c) Die monatlichen Mengenmeldungen werden demnächst ebenfalls etwas einfacher. Auch hier ist die Aufschlüsselung nach Marken nach dem ElektroG nicht geboten und wird nach der etwa dreimonatigen Übergangszeit entfallen.

d) Für Vertreiber von Geräten im Sinne des ElektroG gibt das Urteil Anlass zu gesteigerter Sorgfalt bei der Überprüfung ihrer Lieferanten (Hersteller). Nach bisher ganz herrschender Auffassung in der Kommentarliteratur war es regelmäßig ausreichend, dass sich Vertreiber davon überzeugten, dass die mit ihnen vertraglich verbundenen Hersteller über korrekte Registrierungsnummern nach dem ElektroG (WEEE-Nummern) verfügten; darüber hinausgehende Nachforschungen sollten von den Besonderheiten des Einzelfalls abhängig sein. Jetzt ist nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts dem Vertreiber regelmäßig auch die Überprüfung abzuverlangen, ob der Hersteller mit allen für das Vertragsverhältnis relevanten Marken und Gerätearten registriert ist. Soweit dies nicht der Fall ist, läuft der Vertreiber Gefahr, gemäß § 3 Abs. 12 ElektroG als fiktiver Hersteller mit eigenen (bußgeldbewehrten) Registrierungspflichten angesehen zu werden.

Autor:

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht Dr. Holger Jacobj, Kanzlei Prof. Versteyl (Burgwedel), Schwerpunktbereiche: ElektroG, Abfall- und Bodenschutzrecht.
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