Stellungnahme des VERE e.V. zur geplanten Novelle des Batteriegesetzes (BattG), sowie zur aktuellen Situation des gemeinsamen Rücknahmesystems Batterien (GRS)

Am 27. Juni dieses Jahres hat der VERE e.V. seine Stellungnahme zur geplanten Novelle des Batteriegesetzes abgegeben und ist somit einer Aufforderung aus dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) nachgekommen. Hauptgrund für die avisierte Novellierung ist der – laut BMU – drohende Zerfall der flächendeckenden Sammlung und Verwertung von Altbatterien aufgrund aktueller Marktgeschehnisse.

Was ist passiert? Wieso droht der Zerfall der für so viele Bürger selbstverständlichen Entsorgungswege für Gerätebatterien? Mit diesem Artikel wollen wir versuchen, für unsere Mitglieder und Hersteller von Gerätebatterien etwas Licht ins Dunkel zu bringen.

Das BattG gehört zur Gesetzgebungsfamilie der abfallrechtlichen Produktverantwortung. Kerngedanke ist es, dass der Hersteller (Inverkehrbringer), der Batterien und Akkumulatoren erstmalig im Geltungsbereich des Gesetzes (Deutschland) in Verkehr bringt, auch für deren Rücknahme und Verwertung - nach Nutzungsende - aufkommen soll. Nun ist es ökologisch und ökonomisch nicht sinnvoll, wenn jeder Hersteller seine eigenen Batterien flächendeckend beim Endnutzer einsammelt und einer geeigneten Recyclinganlage zuführt. Daher sah das Batteriegesetz, in seiner ursprünglichen Intention, eine Beteiligung der betroffenen Hersteller an einem starken, herstellerorganisierten und herstellerfinanzierten Solidarsystem vor. Im Jahre 1998 wurde somit die Stiftung Gemeinsames Rücknahmesystem Batterien – kurz GRS – von führenden Batterieherstellern und dem ZVEI (Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie) gegründet. Die gesetzlich definierte Aufgabe der nicht gewinnorientiert agierenden GRS besteht darin, dass sie an allen Batterieverkaufsstellen, Recyclinghöfen und weiteren Anfallstellen kostenfrei Sammelbehälter für Altbatterien zur Verfügung stellt, die befüllten Behälterauf Abruf (ebenso kostenfrei) abholt und die Gerätealtbatterien einem ordnungsgemäßen Recycling zuführt. Finanziert wird die GRS durch für alle beteiligten Hersteller einheitliche Entsorgungskostenbeiträge pro verkaufter Batterie. Dabei ist es unabhängig davon, ob es sich um einen industriellen Großhersteller handelt oder um einen Kleinstbetrieb, der nur sporadisch Batterien in Verkehr bringt – eben solidarisch.

In den ersten ca. 20 Jahren seiner Stiftungsgeschichte galt das „System GRS“ als das Vorzeigemodell für eine erfolgreiche herstellerorganisierte Rücknahme von Konsumprodukten zur Schonung der Umwelt und der nachhaltigen Nutzung von Sekundärrohstoffen. Eine stetig wachsende Anzahl an angeschlossenen Sammelstellen sowie eine ebenso erfreuliche Steigerung der Sammelmengen sind Beweis für den Erfolg des Systems. So weit, so gut! Aber was ist nun passiert, dass dieses so hochgelobte System auf einmal zu zerbrechen droht? Aus unserer Sicht ist es wie immer. Märkte ändern sich, Akteure gehen, neue Akteure kommen, Konsolidierungen und Marktverschiebungen finden statt und sind nicht aufzuhalten. Alles dreht sich, alles bewegt sich. Wer es in diesen Zeiten versäumt, neue Wege zu beschreiten und sich Vorteile gegenüber dem Wettbewerb zu verschaffen, wird nicht langfristig bestehen können. Legalität sei vorausgesetzt! So auch im Bereich der Gerätebatterien. Schaut man heute in die Einkaufskörbe der Bürger, finden sich immer mehr Batterien der sogenannten „Eigenmarken des Handels“ und eben nicht mehr die der klassischen Batteriehersteller. Die großen Handelshäuser (vornehmlich Discounter) werden durch Direktimporte aus Asien selbst zu Herstellern im Sinne des Gesetzes (sogenannte Quasihersteller). Angeblich handelt es sich bei den Gerätebatterien um einen der umsatz- und margenstärksten Non-Food-Artikel des Einzelhandels. Wen wundert es da, dass auch im Bereich der Batterien die Eigenmarkenstrategien führender Discounter den klassischen Herstellern kontinuierlich Marktanteile streitig machen. Batterien sind Massenartikel, die sich dadurch auszeichnen, dass kleine Margen pro Stück erst durch eine hohe Verkaufsmenge zu attraktiven Gesamtmargen kumulieren. Diese beschriebenen Wirtschaftsstrategien und Marktentwicklungen treffen nun auf das zuvor beschriebene Solidarsystem GRS, welches für alle Teilnehmer zu gleichen Bedingungen arbeitet und den Anspruch hat, immer komfortabler immer mehr Batterien zu sammeln und seit nunmehr über 20 Jahren statisch und unverändert in der Ausgestaltung funktionieren soll. Angeblich betragen die Kosten zur Teilnahme an dem System GRS - je nach Batteriesystem – teilweise über zehn Prozent der Einkaufskosten am asiatischen Markt, wo die Masse der Gerätebatterien produziert wird. Selbstverständlich werden da die Einkaufsleiter der großen Handelshäuser diesen Kostenpunkt betrachten und ggf. auch in Frage stellen. Wer will denen das wirklich verübeln, das ist deren Job. Wenn dann Einsparpotentiale, bei Einhaltung aller rechtlichen Vorgaben, identifiziert werden, dann werden sie auch gehoben - und da möge bitte keine Behörde oder Umweltorganisation sich überrumpelt fühlen. Wenn der Gesetzgeber – zu Recht – zum nachhaltigen Schutz der Umwelt und der Bevölkerung regulierend in die Märkte eingreift, dann sollte er sich auch mit deren Veränderungen beschäftigen und deren Entwicklung ein Stück weit vorhersagen können und notwendige Gesetzesanpassungen zeitnah vornehmen.

Es stellt sich nun die Frage, wo die Hersteller Einsparpotentiale identifiziert haben. Im §7 des Batteriegesetzes ist den Herstellern seit Ende 2009 die Möglichkeit eröffnet worden, alternativ zu dem gemeinschaftlichen Solidarsystem des GRS, ein herstellereigenes (individuelles) Rücknahmesystem zu gründen, oder sich an einem bestehenden herstellereigenen Rücknahmesystem zu beteiligen. Im Gegensatz zum GRS müssen die herstellereigenen Rücknahmesysteme nicht allen Herstellern von Gerätebatterien zu gleichen Bedingungen zugänglich sein. Da der Großteil der Sammelstellen zunächst einmal gesetzlich aufgefordert ist, die gesammelten Gerätealtbatterien dem GRS zu übergeben, ist es den herstellereigenen Rücknahmesystemen überlassen, welche Sammelstellen sie davon überzeugen, aus dem GRS auszuscheren. Dabei steht es den herstellereigenen Rücknahmesystemen frei, aus welchen Kanälen sie die Gerätebatterien zur Entsorgung beziehen und in ihren individuellen und zu testierenden Mengenstrom einfließen lassen, der dann der zuständigen Aufsichtsbehörde als Nachweis zur Erreichung der gesetzlich festgelegten 45-Prozent-Sammelquote vorgelegt werden muss. Hierbei nutzen die herstellereigenen Rücknahmesysteme vorzugsweise größere Anfallstellen von Altbatterien, sowie eigene Rücknahmemengen ihrer Kunden, bei denen die Logistik möglichst kosteneffizient und die Verwertung möglichst günstig zu gestalten ist. Es ist also unstrittig, dass zwischen diesen beiden Systemformen ein Wettbewerbsnachteil zu Lasten der GRS besteht. Die GRS muss deutlich mehr Kosten bei der Sammlung und Verwertung der Gerätebatterien pro in Verkehr gebrachter Batterie aufbringen als die herstellereigenen Rücknahmesysteme. Dies lässt die Lizenzierungspreise des GRS gegenüber den verbleibenden Herstellern steigen und führt zu einer Abwanderung der Hersteller in herstellereigene Rücknahmesysteme. Je mehr Hersteller das System GRS verlassen, umso mehr steigen die Lizenzkosten pro Batterie für die im System verbleibenden Hersteller und somit deren Druck, dass System ebenfalls verlassen zu müssen, um wettbewerbsfähig bleiben zu können. Ein scheinbar unaufhaltbarer Teufelskreis, der vermutlich zu einer Kostenexplosion für die im GRS verbleibenden Hersteller führt und später zum Kollaps des Systems GRS, wenn in der weiteren Entwicklung aberwitzige Lizenzpreise für die verbleibenden Hersteller aufgerufen werden. Dass diese Entwicklung bereits im vollen Gange ist, zeigen Preiserhöhungen der GRS von ca. 45% in diesem Jahr und bereits verkündete Prognosen von weiteren Erhöhungen in Größenordnungen von über 60% im folgenden Jahr.

Das BMU hat es sich nun zum unumstößlichen Ziel gemacht, den Teufelskreis zu durchbrechen und das System GRS, mit seinem flächendeckenden Sammelsystem, unter allen Umständen zu erhalten. Derzeit spricht das GRS von über 170.000 (!) angeschlossenen Sammelstellen. Laut Informationen der STATISTA (2019 – www.statista.com) existierten in Deutschland in 2017 ca. 340.000 Einzelhandelsunternehmen. Darin enthalten sind auch alle Metzgereien, Bäckereien, Unternehmen der Bekleidungsbranche, des Buchhandels und sonstige Fachhändler, die vermutlich keine Batterien verkaufen und ergo auch nicht zurücknehmen müssen. In 2002 waren es insgesamt noch ca. 420.000 Unternehmen des Einzelhandels, was einem Rückgang von ca. 20% entspricht. Es stellt sich nun die Frage, ob die Anzahl der von der GRS seit beinahe 20 Jahren unverändert angegebenen Sammelstellen dieser Entwicklung angepasst wurde? Kann es sein, dass alle Einzelhandelsunternehmen, die jemals einen Sammelkarton seit 1998 angefordert haben, auch heute noch als Sammelstelle gelistet werden, egal ob sie noch existieren oder jemals einen gefüllten Sammelkarton zur Abholung angemeldet haben? Um dem Mengenstrom der Altbatterien im Handel auf die Spur zu kommen, sollten wir uns einmal die Frage stellen, wo der überwiegende Anteil der Endnutzer seine Batterien kauft und dann auch vermutlich seine Altbatterien zurückgibt. Die bereits beschriebene Entwicklung der stark steigenden Mengen der Eigenmarken des Handels lässt vermuten, dass die Masse der Batterien in Lebensmittelgeschäften, Kaufhäusern, sowie Drogeriemärkten erworben wird. Daneben werden sicherlich noch bedeutende Mengen über Baumärkte, Spielwarenhändler, Möbelhäuser und Elektrofachmärkte gekauft. All diese Branchen sind durch bundesweit flächendeckend agierende Handelsketten geprägt. Uns ist keine Handelskette bekannt, die sich einer Rücknahme von Altbatterien verweigert. Vielfach erfolgt dort die Rücknahme bereits durch die herstellereigenen Rücknahmesysteme, die Sammelstellen mit größeren Mengen an Gerätebatterien zur Erreichung ihrer Sammelverpflichtungen bevorzugen. Derzeit ist es sogar so, dass die herstellereigenen Rücknahmesysteme massiv um die Aufnahme dieser Unternehmen in ihr Sammelsysteme buhlen und bereit sind, Verdichtungsentgelte (Zahlungen bei Abholung von höheren Mindestmengen pro Anfahrt) zu zahlen, was im Übrigen auch die GRS teilweise tut. Umso mehr Marktanteile die herstellereigenen Rücknahmesysteme gewinnen, umso mehr Sammelstellen müssen sie akquirieren. Ist somit die flächendeckende Sammlung der Altbatterien wirklich gefährdet?

Mit der Novelle des Batteriegesetzes möchte das BMU – neben der Umsetzung europarechtlicher Vorgaben, auf die hier nicht weiter eingegangen wird – die flächendeckende Sammlung sichern und die Sammelmengen steigern. Diese Ziele sollen im fairen Wettbewerb zwischen den Akteuren unter Wahrnehmung bestimmter Solidaraufgaben, wie z.B. die Information der Endnutzer zur Rückgabe der Gerätebatterien, erfolgen. Dabei soll das flächendeckende Sammelsystem der GRS unbedingt parallel zu den herstellereigenen Rücknahmesystemen erhalten bleiben. Durch die Einführung eines finanziellen Lastenausgleiches zwischen den Systemen soll ein sehr ambitioniert sammelndes System die daraus entstehenden Mehrkosten an die anderen Systeme weiterbelasten können. Durch umfangreiche und komplizierte Modalitäten zur Finanzierung der GRS soll das Grundprinzip von 1998 unbedingt erhalten bleiben und der aktuellen Situation angepasst werden. Ein einfacher Geist könnte ggf. auf die Idee kommen, dass es doch eigentlich nur um die Steigerung der Recyclingmengen geht und man somit doch nur schrittweise die Sammelquoten von 45% für die unterschiedlichen Batteriesysteme anheben müsste? In diesem Falle wären die Rücknahmesysteme dazu gezwungen, tiefer in der Fläche zu sammeln und den Endnutzer aktiv zur Rücknahme zu bewegen. Je mehr Sammelmenge ein System nachweisen kann, umso mehr Einzahler (Hersteller) kann es aufnehmen. Aber was ist schon einfach in der Gesetzgebung…

Wir, als VERE e.V., sehen uns gegenüber unseren Mitgliedern verpflichtet, faire, einfache, funktionierende und kostengünstige Lösungen zur Erfüllung der Anforderungen aus dem BattG zu erkämpfen und eine attraktive Zugangsmöglichkeit zu den Systemen auch den kleinen und mittelständischen Unternehmen zu ermöglichen, die sie nicht schlechter stellt als die großen Akteure des Marktes. Hierbei sehen wir uns ein Stück weit auch als freiwillige Solidargemeinschaft, die sich gefunden hat, um gemeinsam für ihre Interessen einzutreten und wettbewerbsfähige Angebote zu erlangen. In diesem Sinne haben wir unsere Position gegenüber dem BMU dargelegt und werden weiterhin mit möglichst allen am Markt tätigen Rücknahmesystemen verhandeln, um die besten Lösungen zu identifizieren und unseren Mitgliedern zugängig zu machen. Für weitere Informationen sprechen Sie uns gerne an.

Christoph Brellinger
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Christoph Brellinger
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